Eugen Ruge : Cabo de Gata

Eugen Ruge : Cabo de Gata


Eugen Ruge Cabo de Gata„Diese Geschichte habe ich erfunden, um zu erzählen, wie es war.“ Deshalb ist es auch unerheblich, wer da spricht, ob der Autor oder sein Erzähler. Jedenfalls: Der Ich-Erzähler erinnert sich. Wie er sich eines Morgens eingestehen musste, dass er den Versuch, einen Roman zu schreiben, als gescheitert betrachten muss. Wie er sich unvermittelt entschließt, alles hinter sich zu lassen, seine Wohnung am Prenzlauer Berg aufzulösen, seine Möbel zu veräußern, sich von den wenigen Menschen, die ihm nahestehen zu verabschieden, von der Tochter seiner ehemaligen Geliebten, die glaubt, er sei ihr Vater (traurigster Moment in diesem Buch), von seinem Vater, der ihn jedoch nicht zum Essen dabehalten kann, da die Scheiben Brot peinlich genau abgezählt sind. Wie es ihm sogar gelingt, die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung zu kündigen. Wie er, eher durch Zufall, den Nachtzug nach Barcelona besteigt, um kurz entschlossen weiter zu reisen nach „CABO DE GATO – El ultimo PARAISO DE EUROPA“ (wie das Ortsschild verheißt). Das Paradies ist dieser eher triste, unfreundliche und unansehnliche Küstenort nicht. Einhundertdreiundzwanzig Tage lang wird er dort vergeblich versuchen, einen Roman zu schreiben. Die Katze, deren Zuneigung er am Ende seines Aufenthalts vergeblich zu gewinnen sucht, zeigt ihm, dass nichts sich erzwingen lässt: Kein Roman, keine Liebe, kein Glück, kein Neuanfang. (Und Eugen Ruge beweist uns, dass man über Katzen schreiben kann, ohne Gefahr zu laufen bei den Geschenkbüchern zu landen.) Die klare und präzise Sprache dieses Sich-Erinnerns verhindert zudem, dass sich beim Lesen ein behaglich-verständiges (Wieder)-Erkennen des Musters Krise – Ausbruch – Neuanfang einstellt. Cabo de Gato birgt kein Geheimnis und ist kein magischer Ort. Eher ein Intervall, der es ermöglicht, das eigene Scheitern anzunehmen. Welch Glück für uns, dass das Gelingen dieser Erinnerung, die der Roman (vielleicht) ist, Zeugnis davon ablegt, dass das Gelingen etwas ist, was immer verspätet sich einstellt und nur im Blick zurück sich als solches erweist.

Eugen Ruge: Cabo de Gata, Rowohlt Verlag, Reinbek 2013, 208 Seiten, gebunden, € 19,95.

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