Joachim Kalka: Die Katze, der Regen, das Totenreich. Ehrfurchtsnotizen.
Wer glaubt, dass über Teufelsauftritte in der Literatur, über den orientalischen Schlendrian Kismet, über die Ästhetik des Rauchens oder Untote genug geschrieben sei, der lese bitte Die Katze, der Regen, das Totenreich und trete ehrfürchtig ein in die wundersame Untergrundbibliothek des Joachim Kalka. Das Buch zielt, wie Kalka bescheiden voranstellt, auf ein „Zusammentreten des Beiläufigen und des eigentlich Unbeschreiblichen.“ In diesem ebenso waghalsigen wie feinsinnigen Reigen aus literarischen Fundstellen, Filmsequenzen und raffinierten Lesarten lösen sich die Grenzen zwischen Behauptung und Beleg, zwischen Rahmen und Inhalt kunstvoll auf. Wie ein chinesischer Tellerakrobat wirft Kalka Ideen und Zitate in die Luft und entwickelt daraus wirbelnde Denkfiguren, die noch den zerstreutesten Leser verblüffen werden. So die Beobachtung, dass die Identitätsstrategie des Rauchens nur im Hellen gelingen kann und eine unverzichtbare Gebärdensprache darstellt. Oder wie die Gleichgültigkeit des Regens und vergessene Regenschirme uns das Drinnen und einen verwandelten Blick aus dem Fenster genießen lassen. Ob Waschzettel, Märchen, mittelalterliche Texte, Detektivromane oder Donald Duck – Kalka unterscheidet nicht zwischen Trivial- und kanonisierter Hochkultur. Tom und Jerry finden sich im Essay über das Katzenmotiv ebenso wieder wie Carrolls Chesire-Katze oder das Jubilate Agno von Christopher Smart. Seine literarischen Blicke in Gespenstergeschichten und das Reich der (Un-)Toten erhellen die federführende Furcht der Lebenden: die narzistische Furcht vor der eigenen Abwesenheit und die Ahnung unserer Unzulänglichkeit. Der Tenor unserer Fiktionen lautet: Die Toten sind uns voraus. Sie wissen etwas, das wir nicht wissen.
Es gibt Bücher, auf die man eigentich nicht verzichten kann.